Rückblick 131/2007 Wuppertal


Am Sonntag, den 18. März 2007, trafen sich die Leobener in der für die Frühindustrialisierung wichtigen und wegen ihrer Schwebebahn weltberühmten Stadt Wuppertal  zur Führung durch das Frühindustrialisierungs-Museum. Während sich in der Nachbarschaft der heutigen Stadt Wuppertal, in Remscheid, Solingen, Velbert, Cronenberg die Metallindustrie (Werkzeuge, Klingen und Schneidwaren, Schlösser und Metall-Beschläge) bereits seit dem späteren Mittelalter angesiedelt haben, entwickelte sich im Tal der Wupper eine Textilverarbeitung vom Garnspinnen zum Weben und wegen des kalkarmen Wassers der Wupper eine Stoff-Bleicherei und -Färberei. Anfangs war alles „Heimarbeit" in den Kotten der Bauern, in denen hölzerne Spinnräder und Webstühle standen. Man verarbeitete zunächst selbst gewonnene Schafwolle. Der Verkauf der Produkte, sowie die Rohmaterialbeschaffung vermittelten die „Verleger".
Aber bald kamen von England her leistungsfähigere Maschinen, die dann in eigenen „Manufakturen" untergebracht werden mussten. Diese Maschinen waren aus Metall und erforderten Antriebe, die nur mehr mit Wasserrädern, Pferdegöpeln und schließlich ab 1800 mit Dampfmaschinen erbracht werden konnten. Hiermit war die Industrialisierung auch ins Tal der Wupper eingezogen. Der „Heimarbeiter" wurde zum „Fabrikarbeiter", der „Verleger" zum „Handelsherrn" bzw. zum „Fabrikbesitzer".Die Wupper-Region entwickelte sich so bis 1850 zur bedeutendsten Textilstadt Deutschlands, deren Relikte, z.B. eine Spezialweberei für Schmuck- und Zierbänder, sowie die Farbwerke Bayer u.a. heute noch da sind.
Negative Auswüchse, wie „Kinderarbeit", physische Überforderung, Lärm, Unfallgefahr in Verbund mit „Niedriglöhnen" und „Verelendung" führten zu „Streiks" und Unruhen der Fabrikarbeiter.
Friedrich Engels, der Sohn des Textilfabrikanten Engels hat ab 1844 mit Karl Marx versucht, den Arbeitern mehr Rechte und bessere Arbeitsbedingungen zu verschaffen, was aber erst viele Jahrzehnte später realisiert werden konnte. Demokratische Systeme entstanden neben volksdemokratischen, kommunistischen Systemen.
Das Marmordenkmal des Österreichers Alfred Hrdlicka ist auch ein Dankeschön an den Wuppertaler Fabrikantensohn Friedrich Engels für dessen Engagement für die Arbeiterschaft.

Zum Mittagessen wählten wir das nahe gelegene historische Restaurant Kornmühle, das aus einer alten Kornmühle mit Wasserrad und Mahlwerk wurde zu einem Spezialitätenrestaurant umgebaut worden ist.

1929 schlossen sich die 3 Wupperstädte Barmen, Elberfeld und Vohwinkel zusammen und führen seitdem den Namen Wuppertal. Aber bereits in der Zeit vor 1900 suchten die Stadtväter nach einer geeigneten schnellen Personenverkehrsverbindung für die boomende, wichtigste Textilregion Deutschlands. Gegen U-Bahn bzw. Straßenbahn fiel 1894 der Entscheid zugunsten einer Schwebebahn mit elektrischem Antrieb weitgehend über dem Lauf der Wupper.
Das vom Kölner Erfinder Carl Lange entwickelte Einschienen Hängebahnsystem wurde von der Firma MAN unter Direktor Anton Rieppel gebaut: 472 Pendelstützen meist über der Wupper, 19 Zwischenbahnhöfe im Jugendstil, Fachwerkträger und vollwandige Konstruktionen, im Ganzen 13,5 Km lang und z.Zt. der Entstehung aus ca. 19 200 Tonnen Stahl St 37. Die Elektrik lieferte die Firma Elektrizitäts-AG, vormals Schuckert, die Wagen wurden von der Firma Wagenbauanstalt van der Zypen, Köln geliefert.
Am 24.10.1900 wurde das erste Teilstück von Kaiser Wilhelm eingeweiht. Dazu wurde der berühmte „Kaiserwagen" beschafft. 1903 wurde die gesamte Strecke freigegeben, die bis heute mit einer Ausnahme unfallfrei betrieben wurde. Natürlich wurden die Wagen mehrere Male erneuert und nach den Bombenschäden des 2.Weltkrieges wurden auch viele Bahnhöfe, Teilstrecken und Brücken neu gebaut, wobei der Vater unseres Kollegen, Prof. Dr. Reinitzhuber, in seinem Büro die Statik berechnen ließ.
Zum Ausklang dieses Treffens hatten wir Gelegenheit, im Kaiserwagen eine Fahrt von Vohwinkel bis zum anderen Umkehrpunkt Barmen zu genießen unter dem Motto "Einmal im Leben durch's Wuppertal schweben. Dabei hat uns ein Stadtführer die Sehenswürdigkeiten Wuppertals und geschichtliche und kulturelle Höhepunkte vermittelt.